Berichte - Reportagen

Schweiz

09.05.2020: COVID19-Pandemie: Schutzmasken per Luftfracht für die Schweiz

Zürich-Flughafen, 09.05.2020 - Am 9. Mai 2020 landete um 20.27 Uhr eine Antonov AN-124 100M-150, Registration UR-82009, des ukrainischen Frachtfluglinie "Antonov Design Bureau" mit hunderten von Kartons mit Schutzmasken und medizinischem Schutzmaterial aus der chinesischen Stadt Tianjin. Das Frachtflugzeug legte in der kasachischen Stadt Almaty einen Zwischenstopp ein, ehe es Richtung Zürich startete.

Die manuelle Entladung des ukrainischen Frachters dauerte bis in die frühen Morgenstunden. Am Sonntag, 10. Mai 2020 um 10.27 Uhr hob die leere Frachtmaschine in Zürich ab und landete eine Stunde später in Leipzig-Halle. Der Flughafen Leipzig-Halle ist eine wichtige internationale Luftfrachtdrehscheibe, wo auch die Frachtfluglinie einen Teil ihrer Flotte stationiert hat.         

Transportriese aus Kiev

Die Antonov AN-124 100M-150 (Антонов Ан-124) gehört zu den grössten Transportflugzeugen der Welt. Konstruiert wurde die Maschine in den 1970er-Jahren durch das damals sowjeische Konstruktionsbüro O.K. Antonov in Kiev-Gostomel. Ab 1982 wurden die ersten Flüge durchgeführt, 1984 wurde die AN-124 erstmals am Luftfahrtsalon Le Bourget im Westen gezeigt. Die Dimensionen sind eindrücklich: Länge: 69.10 m, Spannweite: 73,3m, bei einer Höhe von 20,80 m.

Eindrückliche Lademasse

Die Zivilversion hat eine Nutzlast von 120 to, und eine maximales Startgewicht von 392 to. Die unter dem NATO-Code “RUSLAN” (Руслан) bekannte Militärversion verfügt über eine Maximalnutzlast von 150 tonnen. Die Innenmasse des Frachtraums der Antonov AN-124 sind (lxbxh) 36.5 x 6.40 x 4.40 m oder 1’027.84 m3 Ladevolumen.

Grosse Reichweite

Für die nötige Leistung sorgen vier Lotarjow-D-18-T-Mantelstromtriebwerke mit je 229,5 kN Schubkraft. Bei einer durchschnittlichen Beladung des Flugzeuges mit cirka 40 tonnen beträgt die Reichweite 12’000 km, mit Maximalbeladung reduziert sich die Reichweite auf 4’800 km. Geflogen wird das Flugzeug durch 6 Besatzungsmitglieder. Hinter dem Piloten und Copiloten nehmen im grossen Cockpit noch Bordingenieure, Funker oder Laderaumspezialisten Platz und überwachen mit ihren Instrumenten den ganzen Flug.

Spezialrampen

Der Frachtraum kann mittels Spezialrampen am aufklappbaren Bug und einer Heckrampe durch LKw’s, Tieflader oder auch gepanzerte Militärfahrzeuge durchgängig befahren werden. An der Flugzeugdecke befinden sich Führungsschienen für sogenannte Deckenlaufkrane. Laut verschiedenen Quellen sind aktuell noch zwischen 25 und 30 AN-124 bei mehreren Frachtfluglinien weltweit für zivile und militärische Aufträge im Einsatz.

Quellen: aerotelegraph.com / flightradar24.com / wikipedia / radarbox.com

(C) 2020: Text und Bilder: Andreas Hess, Männedorf - Pro Litteris - markierte Bilder

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Die Antonov AN-124 100M-150, Registration UR-82009 auf dem Vorfeld des Zürcher Flughafens.                   (Bild: (C) 2020 A.Hess/Pro Litteris)
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Der manuelle Auslad der Pakete dauerte bis weit nach Mitternacht.                                                                          (Bild: (C) 2020 A.Hess/Pro Litteris)
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Die 8'583 km lange Flugroute des ukrainischen Frachters: Tjanjin (CN) - Almaty (KZ) - Zürich (CH).                    (Grafik: (C) 2020 A.Hess/Pro Litteris)

16.10.2019: Defilee der Artillerieabteilung 16 in Winterthur

Defilee Art Abt 16

Mit einem eindrücklichen Defilee in Winterthur beendete die Artillerieabteilung 16 ihren dreiwöchigen, intensiven Wiederholungskurs in der Ostschweiz.

Winterthur, 16.10. 2019 - Wie Brigadier Benedikt Roos, Kommandant der Mechanisierten Brigade 11 sagte, wurde die Art Abt 16 unter dem Kommando von Oberstleutnant im Generalstab Tenzin Lamdark in der diesjährigen Dienstleistung stark gefordert. Neben einer Volltruppenübung mit scharfem Schuss für alle Batterien wurde schwerpunktmässig die komplexe Gefechtsform "Verzögerung am Boden" trainiert. Dies forderte von den Mannschaften und Kadern der Art Abt 16 viel ab, sagte Brigadier Roos.

Tag der Angehörigen

Am Samstag, den 12. Oktober 2019 fand auf der Grossen Allmend des Waffenplatzes Frauenfeld ein vielbeachteter Besuchtag statt. Rund 4000 Personen aller Altersgruppen besuchten den Anlass. Die Art Abt 16 präsentierte unter anderem die Artillerie gestern – heute – morgen, Mittel und Einsatz der Artillerie inkusive scharfem Schuss oder das beliebte "Panzer-Taxi".

Milizoffiziere führen

Die Art Abt 16, Göttikanton ist der Kanton Zürich, ist ein durch Milizoffiziere geführter Verband mit rund 900 Armeeangehörigen. Oberstleutnant im Generalstab Tenzin Lamdark arbeitet beruflich als Oberarzt für Chirurgie an einem Kantonsspital. Seine unterstellten Batteriekommandanten sind ebenfalls alles Milizoffiziere:

Art Flt Bttr 16: Hptm Marc Dreyfus, beruflich Bau- und Gesamtprojektleiter

Art Bttr 16/1:  Hptm Claude Giger, beruflich in der Geschäftsentwicklung einer grösserer Unternehmung tätig

Art Bttr 16/2: Oblt Philipp Gübeli, beruflich Partner und Consultant einer Firma in Zürich

Art Abt 16/3: Hptm Fabian Mani, beruflich Stv. Direktor eines Hotels in Luzern

Art Art 16/4 Hptm Lukas Fahr, beruflich in einer Grossbank tätig

Art Log Br 16: Hptm Daniel Brusnjak beruflich Projektleiter Schlüsselkunden und Leiter Marketing und Verkauf

FFZ Bttr 11/5: Hptm Sandro Portmann, Student Geschichte und Geographie, absolviert parallel höheres Lehramt an der Uni Bern

Fahnenabgabe

Die Fahnenabgabe vom 16. Oktober 2019 fand vor dem Defilee auf dem Segelflugplatz Hegmatt in Oberwinterthur statt.  Der Kommandant Art Abt 16 sprach dabei der Truppe seinen Dank aus. "Ohne Ihren ausserordentlichen Einsatz, den Sie gegeben haben, wären die gesamte Ausbildung, der Besuchstag und das Defilee nicht möglich gewesen", sagte Oberstlt i Gst Lamdark.   Die Korpsmusik der Kantonspolizei Zürich umrahmte die schlichte und würdige Ababen musikalisch. Als "Gruss der Luftwaffe" überflog ein Super Puma die angetretenen Armeeangehörien im Rahmen eines ohnehin geplanten Fluges.

Aufmarsch zum Defilee

Nach der Fahnenabgabe auf der Hegimatte bezog die Art Abt 16 mit ihren rund 200 Fahrzeugen, davon 60 Raupenfahrzeuge im Raum Oberwinterthur ihren Warteraum rund um die Frauenfelderstrasse, welche als Defileestrecke bestimmt worden ist. Die in diesem Abschnitt auf einer Länge von rund 500m schnurgerade Strasse bot mit ihrer farbenprächtigen, herbstlichen Baumallee einen bestens geeigneten Ort für diesen Anlass.

"Dank sehr enger Zusammenarbeit und ebesogrosser Unterstützung mit den Winterthurer Stadtbehörden, allen voran Stadtpräsident Mike Künzle, und der Kantonspolizei Zürich konnten wir das Defilee hier durchühren", sagte Hauptmann Marius Reinhardt, Nachrichtenoffizier der Art Abt 16 und Platzspeaker am Defilee.

Die Stimmung in den Warteräumen ist gut. Einige Soldaten nutzten die Pause um sich auszuruhen, es wurde geschwatzt, andere verpflegten sich oder  tranken selbstgebrauten Kaffee. Ein Armeeangehöriger spielte auf einer Lastwagendeichsel Handorgel und hielt seine Kameraden musikalisch bei Laune – bis um 13.15 Uhr. "Ab sofort gilt Marschbereitschaftsgrad 4!" tönte es bei einer Batterie. Die Soldaten packten Material ein, begaben sich zu ihren Fahrezeuge, und hielten sich für den Aufmarsch zum Defilee bereit.

Defilee – Vorwärts marsch!

Mittlerweile haben sich zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer an der Defileestrecke eingefunden, je nach Schätzungen zwischen 800 und 1000 Personen. Unter den offiziellen Gästen befanden sich der Winterthurer Stadtpräsdient Mike Künzle, Kantonsratspräsident Dieter Kläy, sowie ehemalige Kommandanten. 

Als erstes Raupenfahrzeug rollte der Schützenpanzer M113 Nr."001" des Kommandaten Art Abt 16, Oberstleutnant im Generalstab Tenzin Landmark über die Defileestrecke. Vor der mit zwei Lastwagen improvisierten Besuchertribüne hielt der Panzerfahrer an, die Heckluke senkte sich. Der Bataillonsfähnrich und der Abteilungskommandant entstiegen den Panzer, der Kommandant Art Abt 16 meldete punkt 14.00 Uhr dem Kdt Mech Br 11, Brigadier Roos: "Artillerieabteilung 16 bereit zum Defilee".

Das Defilée wurde eröffnet durch die Artillerie Feuerleitbatterie 16 (Art Flt Bttr) mit sieben Schützenpanzern M113, drei EAGLE-Schiesskommandantenfahrzeugen sowie INTAFF-Fahrzeugen, dem Integrierten Artillerie Führungs- und Feuerleitsystem.

Die Feuerleit-Batterie ermöglicht die Führung der Abteilung durch die Sicherstellung der Verbindungen und dem Betrieb des Führungsinformationssystems INTAFF. Sie stellt auch die Schiesskommandanten, welche Ziele aufklären und mit dem Artilleriefeuer bekämpfen.

Die Artilleriebatterie

Es folgte als erste von vier Art Bttr die Artilleriebatterie 16/1. Eine Geschützbatterie umfasst sechs Panzerhaubitzen M109KAWEST, bewaffnet mit einer Kanone 15,5 cm und einem Maschinengewehr 64, Kaliber 12,7mm. Die 27to schwere Haubitze ist 3,18m breit und misst 11,4m. Eine Artillerieabteilung verfügt über 4 Artilleriebatterien (Art Bttr), total über 24 "Rohre", wie es bei den Artilleristen heisst. Für den Munitionsnachschub verfügen die Art Bttr über je drei Raupentransportwagen M548, soldatensprachlich als "Mun-Schnecken" bezeichnet, welche zum Selbstschutz ebenfalls mit dem Mg 64 ausgerüstet sind. Eine Art Bttr gliedert sich in den Kommandozug, die vier Geschützbatterien und den Nachschubzug.

Logistik und Feuerführung

Eine Schlüsselfunktion kommt der Logistik- und der Feuerführungsbatterie zu. Die Art Logistik Bttr 16 stellt die Einsatzlogistik inklusive Munitionsnachshub und die Instandhaltung der Raupen- und Radfahrzeuge sowie des Materials der Art Abt 16 sicher.

Die Feuerführungszentrum FFZ Bttr 11/5 leistete bei der Art Abt 16 den diesjährien Wiederholungskurs und ist für die technische und taktische Koordination der Feuerführung und Feuerleitung zuständig. Die FFZ Bttr 11/15 bildete den Abschluss des Defilees. Exakt um 15.20 Uhr meldete Oberstleutnant i Gst Lamdark das Defilee für beendet.

Verschiebung an den WEMA-Standort

Unmittelbar nach dem Defilee verschoben die Batterien an den WEMA-Standort. Die Marschstrasse führe über die Autobahnzufahrt Oberwinterthur – Autobahn A1 Richtung Zürich – Illnau zum Logistikcenter Hinwil. Die einzelnen Marschkolonnen wurden während der Verschiebung durch Einsatzkräfte der Kantonspolizei Zürich und der Militärpolizei gesichert und begleitet. In Hinwil begann unmittelbar nach Eintreffen der letzte Teil des WK 2019: Die Wiederherstellung  der Einsatzbereitschaft im militärischen Ausbildungsdienst, kurz WEMA. Oder anders gesagt: die Reinigung von Material, Geräten und Fahrzeugen./ahe


Defilee durch Aktivisten blockiert

Wenige Minuten nach Defileebeginn blockierten etwa 40 junge Aktivistinnen und Aktivisten aus der Friedens- und Klimabewegung die Frauenfelderstrasse. Sie rannten aus der Zuschauerreihe direkt vor die im Schrittempo fahrenden Panzerfahrzeuge und entrollten Transparente. Die Stadtpolizei Winterthur war mit einem grösseren Aufgebot und einem spezialisierten Dialog-Team vor Ort und hatte die Situation unter Kontrolle. Vorbildlich verhielten sich die Armeeangehörigen, sie liessen sich durch die Aktion nicht provozieren. Nach wenigen Minuten war der Spuk vorbei, die Demonstranten zogen sich unter Aufsicht der Polizei zurück. Das Defilee verlief ohne weitere Störungen.

10.07.2019: Das Inf Bat 61 trainiert den Kampf

Das Inf Bat 61 trainiert den Kampf

Das Schaffhauser Infanteriebataillon 61 absolvierte vom 17.6.-5.7.2019 im Glarnerland ihren diesjährigen Fachdienstkurs der Truppe. Im Fokus stand die Gefechtsausbildung. Die Unterbestände machen sich auch hier bemerkbar.

Das Schaffhauser Infanteriebataillon 61 ist eines von zwei der Ostschweizer Territorialdivision 4 seit 1.1.2018 unterstellten Infanteriebataillone. Der motorisierte Verband wird im Operationstyp Verteidigung eingesetzt. Er übernimmt innerhalb dieses Operationstyps Aufgaben wir Sperren, Halten und Angreifen.

Das Inf Bat 61 rückte nach Pfingsten in ihren dreiwöchigen Fachdienstkurs der Truppe (FDK) im Kanton Glarus ein. Vier Kompanien wurden im regulären Ausbildungsdienst eingesetzt. Die Kompanie 61/2 wurde im Rahmen des Eidgenössischen Schützenfestes für Jugendliche ESFJ in Frauenfeld zur Unterstützung des Anlasses eingesetzt. Dies gestützt auf die "Verordnung über die Unterstützung ziviler oder ausserdienstlicher Tätigkeiten mit militärischen Mitteln VUM".

Ziele des WK’s

Bataillonskommandant Oberstleutnant im Generalstab Daniel Bänziger will durch eine abwechslungsreiche, strenge, fordernde und realitätsnahe Ausbildung mit dem Stab und den Kompanien die Grundbereitschaft nachhaltig erreichen.  Dabei sollen die robusten Einsatzverfahren trainiert werden. Für die Aufklärer, Artilleriebeobachter und Scharfschützen des Bataillons wurde eine dreitägige, herausfordernde Übung mit Infiltration, Beobachten, Überlebenstraining und Exfiltration angelegt. Dabei kam auch ein Transporthelikopter zum Einsatz.  

Gliederung und Mittel

Das Infanteriebataillon 61 gliedert sich in den Bataillonsstab, die Stabskompanie 61 mit Mittel für die Führungsunterstützung auf den Stufen Bataillon und Kompanie, die Logistik für den Nach- und Rückschub (Ns/Rs), Mittel für die Instandhaltung (Ih) und infanteristische Mittel zur Sicherung.  Die drei Infanteriekompanien 61/1-3 bilden den Kern der Hauptkampfkraft. Ihr sind die Hauptkampfmittel unterstellt. Dazu gehören auch zwei Panzerabwehrzüge, ausgerüstet mit der Pz Fst 90. Der Unterstützungskompanie 61 sind zur Feuerunterstützung die Minenwerfer, als Effektoren bezeichnet und die infanteristischen Aufklärungsmittel, die Sensoren, unterstellt. Das Inf Bat 61 verfügt über folgende motorisierten Mittel: Duro mit Anhänger, Mercedes Benz San Fahrzeug, GMTF DURO IIIP, Mowag Piranha Schützenpanzer 93 8x8, DURO 1 Geländefahrzeug und dem Kommando GMTF.

Zugsgefechtsschiessen.

Hauptmann Marco Winteler, Kommandant der Infanteriekompanie 61/1 leistet in diesem Jahr seinen ersten Wiederholungskurs als Kompaniekommandant. Zivil arbeitet der Solothurner als Regionalleiter  Schweiz eines deutschen Grossdiscounters.

Für Hauptmann Winteler ist es wichtig, dass er mit seinen Soldaten in diesem FDK etwas erreicht. Er stellt bei seiner Truppe eine hohe Motivation fest. Die Kompanie befindet in der zweiten Ausbildungswoche auf dem Schiessplatz Wichlen, umgeben vom wunderbaren Glarner Gebirgspanorama. Die Wetterbedingungen könnten nicht besser sein, Temperatur 30 Grad und Sonnenschein.

Der junge Kompaniekommandant hat drei seiner vier Züge zur Befehlsausgabe für das bevorstehende Kompaniegefechtsschiessen versammelt. Auf Grund des Mannschaftsbestandes wurde zwei Infanteriezüge zusammengelegt.


Lage und Auftrag

Die Lage stellt sich so dar, dass sich eine Gruppe feindlicher, militärischer Akteure in das Gelände infiltriert hat, um bewaffnete Anschläge durchzuführen.

Vor versammelter Truppe erklärt Hauptmann Winteler die Ausbildungsziele der bevorstehenden Zugsgefechtsübung. In der Übung gehe es darum, den beübten Zügen aufzuzeigen, wie und in welcher Situation diese einen Stoss im offenen Gelände ausführen sollen. "Ziel ist, das definierte Gelände zu nehmen, die Akteure zu eliminieren und im Kompanierahmen zu agieren", so Hauptmann Winteler zur Truppe.


Stufengerechte Aufträge

Der Auftrag an die Zugskader ist:

  • Sicherstellung der materiellen Bereitschaft ab Übungsbeginn;
  • Knappe, klare und einfache Befehlsgebung an die Unterstellten,
  • keine Bewegung im Gelände ohne Feuerunterstützung, bzw. ohne Feuerbereitschaft

Der Auftrag an die Gruppenführer ist:

  • korrekte und fehlerfreie Anwendung der Gefechtstechnik;
  • klare Kommunikation, knappe und klare Befehlsgebung bezüglich dem zu erfüllenden Auftrag,
  • keine Bewegung im Gelände ohne Feuer, bzw. ohne Feuerbereitschaft.


Für die Stufe Soldat lautet der Auftrag:

  • klare horizontale Kommunikation;
  • gefechtsmässiger Stellungsbezug;
  • seines Zieles sicher sein.

Die Befehlsausgabe ist beendet, die Aufträge sind klar. Die Gruppen rüsten sich nun fertig aus, erstellen die Gefechtsbereitschaft und sitzen auf die bereitstehenden Gefechtsfahrzeuge Duro GMTF auf. Jedem Zug ist ein Übungsleiter-Gehilfen zugewiesen, welche die Umsetzung der erteilten Aufträge und das Verhalten im Kampfraum beurteilt. Ihre Beobachtungen und Feststellungen sind wichtige Indikatoren für die Übungsbesprechung und Beurteilung der Leistung.

Über Funk wird Übungsbeginn ausgelöst. Die gepanzerten Mannschaftstransport-fahrzeuge GMTF fahren zügig, eine grössere Staubwolke hinter sich her ziehend, in ihre zugewiesenen Stellungsräume. Die Mannschaft sitzt ab und verschiebt sich gefechtsmässig und gedeckt durch die GMTF DURO IIIP in ihre Stellungsräume an vorderster Linie.

Feuerkampf

Rasch sind die drei beübten Züge in einen Feuerkampf verwickelt. Zur Zielbekämpfung eingesetzt werden die persönliche Waffe, die Sturmgewehre Stgw 90, leichte Maschinengewehre LMg 05, Handgranaten HG 85 und zur Panzerbekämpfung die Panzerfaust PzF 90 mit inertem Kopf. Das Unterstützungsfeuer erfolgt mit der Fahrzeugbewaffnung des GMTF DURO IIIP, dem 12,7mm-Maschinengewehr. Das GMTF verfügt auch über eine 7,6cm Nebelwurfanlage. Der Einsatz ist nicht frei von Waffenstörungen, die zügig behoben werden.

Übungsauswertung- und Besprechung

In der Übungsbesprechung attestierte Hauptmann Winteler den drei beübten Züge einen guten und engagierten Einsatz. „Sie haben die Übung erfüllt!“ sagte er zur Truppe. Die Kommunikation sei auf allen ebenen gut umgesetzt worden. Bezüglich dem gefechtsmässigen Stellungsbezug und der präzisen Zielerfassung im Gelände sei noch Verbesserungspotential vorhanden, sagt der Kompaniekommandant. Er wies die Zug- und Gruppenführer auf einzelne Punkte hin, welche beim nächsten Durchlauf verbessert werden müssen.

Unterbestand

Die fehlenden Bestände der Armee, auch hervorgerufen durch den gesetzlich verankerten Zivildienst werden auch am Beispiel des Inf Bat 61 konkret sichtbar, wie am Rande eines Besuchsanlasses zu erfahren war. Das Bataillon mit fünf Kompanien und einem Sollbestand von knapp 1'000 Armeeangehörigen verfügte 2018 über einen effektiven Bestand von 60%, in diesem Jahr wird der Effektivbestand noch 55% erreichen. Dies bedeutet, dass Züge zusammengelegt werde müssen, damit überhaupt noch einigermassen sinnvoll trainiert werden kann.

Konsequenzen für die Ausbildung

Unterbestand heisst nicht, dass salopp ausgedrückt „ein paar Armeeangehörige die nötige Ausbildung nicht erhalten“. Bezogen auf das, für was die Armee eigentlich trainieren muss, nämlich die Verteidigung unseres Landes ist es dramatisch, dass das ganze Zusammenspiel der verschiedenen infanteristischen Kampfelemente wie Führungsunterstützung, Logistik, Hauptkampfelemente und Feuerunterstützung, ab Stufe Zug nicht richtig und konsequent trainiert werden kann. 

Die Kompanie- und Bataillonskader sind nicht in der Lage, eine Sequenz des Operationstyps Verteidigung im Gelände so zu trainieren, wie sie in einem Ernsteinsatz zur Anwendung gelangen würde. Weil den Bataillonen schlicht die Armeeangehörigen fehlen, diese Abläufe zu trainieren.

Es ist für die Kompanie- und Bataillonskader nicht das Gleiche, ob man mit einen massiven Unterbestand und zusammengelegten Verbänden eine Übung anlegt und trainiert und daraus eventuell sogar die falschen Lehren zieht oder mit Vollbestand trainiert und die richtigen Lehren zieht.

Fahnenabgabe und Kommandoübergabe

Mit einer würdigen Fahnenabgabe auf dem Glarner Zaunplatz am Ende der Dienstleistung wurde der diesjährige FDK 2019 beendet. Mit der Fahnenabgabe wurde auch eine Kommandoübergabe vollzogen. Der langjährige Kommandant des Inf Bat 61, Oberstlt i Gst Daniel Bänziger übergab die Bataillonsfahne seinem Vorgesetzten Divisionär Willy Brülisauer. Dieser wiederum übergab die Bataillonsfahne dem künftigen, neuen Kommandanten, Major Christoph Hürlimann.

(c) 2019: Andreas Hess, Männedorf - Pro Litteris



International

18.03.2022: Mobilisierung an der NATO-Ostflanke


Mobilisierung an der NATO-Ostflanke

Andreas Hess, Chefredaktor Stv Schweizer Soldat

Lesezeit: 3 Minuten

Bereits vor Ausbruch des Krieges am 24. Februar 2022 in der Ukraine verlegte die Nato Truppenkontingente an ihre Ostflanke. Erstmals aktivierte die Nato ihre Nato Response Force RNF und verlegte sie nach Rumänien. Die Entwicklung der Massnahmen verläuft dynamisch,  eine Auswahl wird beschrieben.

Es ist ein riesiges logistisches Unterfangen, welches sich an der Nato-Ostflanke in den letzten Wochen abspielte. An der rund 2'700 km langen Nato- Ostflanke, von der Grenzbrücke zu Russalnd in Narwa, Estland bis zum Wachturm an der Flussmündung bei Rezovo, Bulgarien gemessen, hat die Nato ihre Truppenpräsenz erhöht und verstärkt die Streitkräfte ihrer Bündnispartner.

Polen trägt eine grosse Last

Polen mit rund 400 km gemeinsamer Grenze mit der Ukraine vom Kriegsgeschehen im Nachbarland wohl am meisten betroffen. Seit Kriegsbeginn treffen tagtäglich tausende von Flüchtlingen in Polen ein, welche betreut, verpflegt und untergebracht werden müssen. Bis zum 25.März sind rund 2,236 Mio Flüchtlinge aus der Ukraine in Polen eingetroffen. Grenztruppen, Polizei, Rotes Kreuz, zivile Hilfsorganisationen und private Helfer stehen ununterbrochen im Einsatz. Auch die polnischen Streitkräfte sind gefordert, zuvorderst die Territorialverbände.

Laut verschiedenen Quellen sind verschiedene Verbände der "Wojsko Polskie" zur Bewältigung der Lage aktiviert:

  • 1. Panzerbrigade mit Kommando in Warschau
  • 18. Aufklärungsregiment bei Bialystock
  • 18. Mechanisierte Division in Siedke
  • 21. Mechanisierte Infanteriebrigade
  • 6. Luftlandebrigade mit Kommando in Krakow


Verstärkung durch die NATO

Insgesamt verfügen die polnischen Streitkräfte über 120'000 Angehörige. Verstärkt werden die polnischen Streitkräfte durch Nato-Kontingente der Bündnispartnerstaaten USA, Grossbritannien, Kroatien und Rumänien. Mit rund 10'500 Soldaten aus den erwähnten Nato-Ländern ist in Polen das gegenwärtig grösste Nato-Kontingent stationiert.

Über den im südosten Polens gelegenen Flugplatz Rzeszow sind aus den USA und anderen NATO-Staaten täglich Truppen und Material zur Verstärkung eingeflogen worden. Der Flugplatz ist der momentan wohl grösste logistische Hub für die laufenden NATO-Truppenverstärkungen. Grossbritannien, ebenfalls mit einem grösseren Kontingent in Polen vertreten wird zu den zusätzlichen bereits entsendeten Pionier-Kräften die Ostflanke mit dem Luftabwehrsystem Sky Sabre unterstützen.


Slowakei mit 5 Bataillonen im Einsatz

Die Streitkräfte der Slowakei umfasst rund 13'000 Armeeangehörige. Das Land hat rund 95 km gemeinsame Grenze zur Ukraine. Eine allgemeine Wehrflicht besteht nicht. Mitte Februar 2022 wurde die slowakische Armee in erhöhte Bereitschaft versetzt. Derzeit stehen zur Sicherung der Grenze zur Ukraine 5 Bataillone im Einsatz, 2 Panzerbataillone, 1 mechanisiertes Bataillon, 1 Artillerieabteilung und 1 Infanteriebataillon. Die slowakische Regierung rechnet aktuell nicht mit Kampfhandlungen an ihrer Grenze zur Ukraine. Das kleine Land hat bisher rund 267'702 Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen.

Die Nato hat zur Unterstützung der Slowakischen Streitkräfte ein Kontingent von rund 2'100 Angehörigen aus Deutschland, Polen, Slowenien und den Niederlanden und dem Nachbarland Tschechien, mit welchem ein enger Zusammenarbeitsvertrag besteht, entsendet. Hauptauftrag ist die Sicherstellung der Luftverteidigung. Die deutsche Bundeswehr wird die Slowakei aktiv mit Infanterie- und Luftverteidigungskräften beim Aufbau eines zusätzlichen Kampfverbandes unterstützen.


Umstrittener Militärvertrag

Am 9. Februar 2022 hat das slowakische Parlament mit 79 zu 60 Stimmen einem höchst umstrittenen Militärvertrag mit den USA zugestimmt. Dieser Vertrag erlaubt es den US-Streitkräften die beiden Militärbasen Siliac und Kuchyna auszubauen und ihre Militärpräsenz in der Slowakei zu erhöhen. Die slowakische Generalstaatsanwaltschaft kritisierte den Vertrag als Verfassungswidrig und einseitig zugunsten der USA ausgelegt.

Baltikum

In den drei Baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen umfasst das aktuell stationierte Nato-Truppenkontingent gesamthaft rund 7'700 Armeeangehörige. Von der Amäri Air Force Base im Westen Estlands und ab der litauischen Basis Siauliai werden seit 2004 die sogenannten Nato Baltic Air Policing – Missionen geflogen. Alle drei baltischen Staaten verfügen nicht über eigene Luftwaffen. Frankreich hat Ende Februar 2022 vorzeitig 4 Mirage-Kampfflugzeuge zur Verstärkung des bestehenden Kontingentes nach Estland verlegt.

Kleinstaaten-Kontingente

England, Kanada und Deutschland stellen im Baltikum derzeit die grössten NATO-Kontingente, weitere Truppen haben zahlreiche, auch kleine Nationen wie Luxemburg, Montenegro oder Albainen entsendet. Die deutsche Bundeswehr hat die in Rukla, Litauen stationierte Nato Enhanced Forward Presence Battlegroup um weitere rund 350 Soldatinnen und Soldaten verstärkt.

Die estnischen Streitkräfte zählen etwa 7'000 Angehörige, Lettland verfügt über rund 400 Armeeangehörige mehr. Litauens Streitkräfte zählen über 16'800 Armeeangehörige. Estland, Lettland und Litauen haben etwas gemeinsam: die Grenzen mit Russland. Die erstgenannten beiden Länder grenzen im Osten an Russland. Litauen grenzt im südwesten an die russische Enklave Kaliningrad, im Osten an Belarus. Lettland hat ebenfalls eine gemeinsame Grenze mit Belarus.

Schlüsselgelände Suwalki-Lücke

Die gemeinsame litauisch-polnische Grenze wird gemäss Nato-Terminologie als «Suwalki-Lücke» oder «Suwalki-Gap» bezeichnet. Damit ist die circa 65 km Luftlinie breite einzige Landverbindung zwischen Polen und Litauen, bzw. dem Baltikum gemeint. Sie gilt als potentielle Schlüsselstelle da an dieser Stelle das Baltikum durch russische oder belarussische Truppen vom übrigen Europa, bzw. den Nato-Verbündeten abgeschnitten werden könnte. In der russischen Enklave Kaliningrad sind unter anderem die Baltische Flotte, ballistische Kurzstreckenraketen des Typs Iskander mit Reichweiten bis zu 500 km und je nach Quellen eine bis zu 15'000 Mann umfassende Garnison stationiert. Angeblich werden im Kaliningrad Oblast auch Atomwaffen gelagert.

Die Situation in Ungarn

Am 22. Februar 2022 verlegten die ungarischen Streitkräfte ein Truppenkontingent an die rund 140 km lange Grenze zur Ukraine. Gemäss dem ungarischen Verteidigungsminister Tibor Benkö haben die dabei eingesetzten Truppen zwei Aufgaben: Die Erbringung von Leistungen zu Gunsten humanitärer Hilfe und die Sicherung der ungarischen Grenze bis hin zu deren Schliessung, keine bewaffneten Gruppen nach Ungarn eindringen. Unterstützt werden die ungarischen Streitkräfte mit 800 Soldaten, darunter auch aus Kroatien. Ungarn hat bis zum 25. März 2022 342'728 Flüchtlinge aufgenommen.

Nato Response Force in Rumänien

In den beiden Schwarzmeer- Anrainerstaaten Rumänien und Bulgarien sind gesamthaft rund 4'200 Soldaten des Nato-Bündnisses stationiert. Mit dem Krieg in der Ukraine hat die Nato erstmals ein Kontingent der Nato Response Force (NRF) aktiviert. Wie die Nato in einer Stellungnahme schreibt ist dies das erste Mal, dass die Nato-Reaktionskräfte zur kollektiven Verteidigung und Abschreckung aktiviert worden sind. Mit einem der weltweit grössten Transportflugzeuge, einer Antonov AN124-100 UR-82027 der ukrainischen Frachtfluglinie Antonov Airlines wurden mehrere AMX-10RC-Panzer und gepanzerte leichte Aufklärungsfahrzeuge der französischen Streitkräfte von Südfrankreich nach Mihail Kogalniceanu bei Constanza verlegt. Mit weiteren Flugzeugen wurden zusätzliches Material und Gerät sowie 500 französische Angehörige der NRF eingeflogen. 

Air Policing South

Rumänien selber hat im Osten ihres Landes drei Brigaden stehen. Die Nato unterstützt die 76'000 Soldaten umfassenden rumänischen Streitkräfte mit rund 3'300 Militärangehörigen aus den USA, Deutschland, Frankreich und Italien. Seit dem 11. Februar 2022 operiert die 480th Air Expeditionary Fighter Squadron (480th EFS) der USA, vom rumänischen Luftwaffenstützpunkt Fetesti aus und trägt zur Stärkung der kollektiven Verteidigungsbereitschaft der NATO bei, indem sie die verstärkte Luftpolizeimission der NATO mit F-16 Fighting Falcons unterstützt. Die deutsche Luftwaffe hat ihr Engagement in Rumänien verlängert und verdoppelt und setzt im Air Policing South sechs Eurofighter ein. Aus Vilseck in der Oberpfalz (Bayern) wurde das mit Stryker-Radschützenpanzern ausgerüstete 2nd Cavalry Regiment der US-Streitkräfte nach Smardan, Rumänien verlegt.

Brennpunkt Moldawien?

 Rumänien hat im Norden und im Osten auf einer Länge von circa 600 km eine Grenze zur Ukraine, dazwischen liegen etwa 400 km Grenze zu Moldawien. Das wirtschaftsschwache Binnenland Moldawien ist weder Mitglied der EU noch der Nato, jedoch exponiert.  Die von Moldawien seit 1990 abtrüngige und nicht anerkannte Transnistrische Republik wird seit 1992 durch eine zwischen 1'200 und 1'500 Soldaten starken russische Friedenstruppe, die 14. Armee, geschützt. 2014 stellte Transnistrien ein Beitrittsgesuch zur Russischen Föderation.   

Die Folgen eines möglichen russischen Vorstosses auf Odessa und darüber hinaus sind für Moldawien nicht absehbar. Schon heute ist die Republik mit 379’204 Flüchtlingen aus der Ukraine gefordert. Die Situation könnte sich für die beiden Länder Rumänien (579'800 Flüchtlinge) und Moldawien bei einem Angriff der russischen Streitkräfte auf Odessa erheblich verschärfen.

Am wenigsten vom Ukraine-Krieg betroffen ist derzeit NATO-Mitglied Bulgarien. Das Land ist Schwarzmeer-Anrainerstaat, jedoch vom Krieg in der Ukraine (noch) nicht unmittelbar betroffen. Die Nato verstärkt dort die bulgarischen Streitkräfte, sie umfasst 26'000 Angehörige, mit 900 Soldaten.

Luftraumüberwachung

Der Luftraum über dem Schwarzen Meer und entlang der Nato- Ostflanke wird permanent, also 24/7 überwacht. Bei diesen Missionen kommen neben Kampfflugzeugen im Rahmen der Air-Policing-Einsätze South und North auch Aufklärungsflugzeuge beispielsweise des Typs Boeing RC135 der Royal Air Force sowie Tankflugzeuge zahlreicher Nato-Partnerländer zum Einsatz. Die Missionen werden unter anderem ab Waddington, Brize Norton, Ramstein, Geilenkirchen, Wunsdorf und weiteren geflogen. Auf einschlägigen Internetportalen ist regelmässig ein unbemanntes Aufklärungsflugzeug (Drohne) des Typs Northrop Gruman RQ-4A Global Hawk der US Air Force feststellbar, welche ab dem italienischen Flugplatz Comisco auf Sizilien seine Aufklärungsflüge in einer Flughöhe von 53'000 Fuss über dem Schwarzen Meer dreht.

Verstärkung auch zur See

Im Mittelmeer und in der Nord- und Ostsee haben die Nato die Seestreitkräfte verstärkt. Die deutsche Marine hat den ständigen maritimen Einsatzverband der Nato mit einer Korvette verstärkt. Mit einem Flottendienstboot, dem Einsatz von Tornado Aufklärungsjets und P3C-Orion Seefernaufklärern und einem Minenjagdboot trägt die Bundeswehr zur Verdichtung des Lagebildes bei, wie dem Tagesbefehl vom 1.03.2022 von Generalinspekteur Eberhard Zorn zu entnehmen ist.

Per 16. März 2022 befinden sich an der Nato-Ostflanke 40'000 Streitkräfteangehörige unter direktem Nato-Kommando, stehen 130 Nato-Kampfflugzeuge in hoher Bereitschaft, befinden sich 140 Schiffe unter Nato-Kommando auf See und die USA haben bisher 100'000 Soldaten nach Europa verlegt.

(C) 2022: Andreas Hess, Männedorf ProLitteris; Erstpublikation: Schweizer Soldat, Ausgabe 04/2022

Quelle Zahlen Flüchtlinge: UNHCR, Stand 25.302022 / https://data2.unhcr.org/en/situations/ukraine

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Aufmarsch an der NATO-Ostflanke (Quelle, Bild: NATO)
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Die britische Armee verlegt Panzer nach Estland. Hier beim Grenzübertritt von Lettland nach Estland. Bild: British Armed Forces; Media Center.
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Eine Global Hawk am 30.01.2022 auf einem Aufklärungsflug. (rot)

22.08.2021: Kabul: Die wohl grösste Evakuierungsaktion der Geschichte

Kabul: Die wohl grösste Evakuierungsaktion

22.08.2021 - Nach dem Fall der afghanischen Hauptstadt Kabul und der Einnahme durch die Taliban am 15. August 2021 sind zehntausende Menschen auf der Flucht. Familien, Frauen, Kinder. Die meisten versuchen über den Internationalen Flughafen "Hamid Karzai" ins Ausland zu gelangen. Laut Agenturmeldungen spielen sich dramatische Szenen ab.

Ein punktueller Blick auf flightradar24.com und weiteren Recherchen zeigen: Seit dem 16. August 2021 läuft die wohl grösste militärische Luftbrücken- und Evakuierungsoperation der jüngeren Geschichte. Unter Federführung der USA läuft derzeit ein weiterer multinationaler Einsatz ab.

Die derzeit eingesetzten Kräfte und Mittel:

  • US Air Force USAF: Zur Sicherung des Flughafens Kabul haben die USA rund 5'000 Soldaten entsandt.

Für die Evakuierung der rund 22'000 afghanischen Flüchtlinge setzen die US Airforce vorwiegend Transportflugzeuge des Typs Lockheed Martin MC-130J Super Hercules und Boeing C-17A Globemaster III ein.

Eingesetzt werden auch Flugzeuge für die Luftbetankung, so zum Beispiel die Boeing KC-135R Stratotanker 62-3512 (Rufzeichen SHELL25). Am Dienstag, 19. August 2021 flog die Boeing RC135W 62-4138 (Rufzeichen PYTHON52) einen mehrstündigen Aufklärungsflug über Kabul. Die Maschine ist vom Luftwaffenstützpunkt Al Udeid, Qater aus gestartet und über dem Nordarabischen Meer Richtung Pakistan und weiter nach Afghanistan geflogen. Das Flugzeug verfügt über modernste Mittel zur elektronischen Aufklärung und Kriegsführung.

Bis am Samstag, 21. August 2021 haben die US-Streitkräfte rund 22'000 Flüchtlinge ausgeflogen.

Nachtrag 23.08.2021: Auf der amerikanischen Luftwaffenbasis Ramstein und den US- Einrichtungen Grafenwöhr und Kaiserslauthern sollen über 10'000 afghanische Flüchtlinge untergebracht werden.

  • Royal Air Force RAF:  unterstützt die US-Streitkräfte mit 600 bis 900 Soldaten bei der Sicherung des Flughafens Kabul und fliegt mit Transportmaschinen des Typs Airbus A400M und Lockheed Martin C-130J Hercules Flüchtlinge aus Kabul nach Doha, Qatar.

  • Das deutsche Bundesheer ist mit einem Kontingent von rund 600 Soldaten vor Ort.  Eingesetzt werden Spezialkräfte (KSK), Feldjäger und weitere Spezialisten. Die Luftwaffe fliegt mit Transportflugzeugen der Typen Airbus A400M (ATLAS) und Airbus A310. Weiter setz sie 2 kleine Hubschrauber für Rettungsaktionen aus der Stadt zum Flughafen ein.

Bis am Freitag, 20. August hat die Bundeswehr laut Medienmitteilungen bereits 1'700 Flüchtlinge aus Kabul ausgeflogen, die meisten davon nach Tashkent, Uzbekistan. Von dort werden sie unter anderem auch nach Europa ausgeflogen. Nachtrag 29.08.21: Am Freitag, 27. August 2021 abends ist das deutsche Einsatzkontingent nach Deutschland zurückgekehrt. Die Bundeswehr stellte die Evakuierungsflüge ab Kabul nach den Doppelanschlägen vom 26.08.2021 mit über 100 Toten ein. Die Bundeswehr evakuierte innert zwei Wochen insgesamt 5'347 Personen aus 45 Nationen.

  • Die ungarische Luftwaffe führt mit ihrer Boeing C17A Globemaster III Evakuierungsflüge von Kabul nach Tblissi, Georgien durch.

  • Die australische Luftwaffe (Royal Australian Air Force RAAF) unterstütz die Luftbrücken- und Evakuierungsoperation ebenfalls mit Transportmaschinen des Typs Lockheed Martin C-130J Hercules ein.

  • Die Luftwaffe von Qatar unterstützt die Luftbrücke mit einer Boeing C-17A Globemaster III


  • Die Turkish Air Force fliegt mit Transportflugzeugen Airbus A400M Rotationen zwischen Kabul und Rawalpindi (Flughafen Islamabad) im Norden von Pakistan aber auch Flüge nach der Türkei durch. Gestartet sind die Transportmaschinen gemäss Tracking von der türkischen Luftwaffenbasis Kayseri aus.


  • Die französischen Streitkräfte führen ab dem Luftwaffenstützpunkt Al Dhafra, VAR unter dem Decknamen "Opération Apagan" eigene Evakuierungsoperationen durch.


  • Am Sonntag waren Vertreter der Vereinten Nationen (UNO) wohl zu einem Kurzbesuch in Kabul. Aufzeichnungen zeigen, dass eine Bombardier Challenger 604 (D-AFAI) und eine Beech 1900D (ZS-FAB) aus Kabul nach Rawalpindi geflogen sind. Dabei handelt es sich um zwei durch die UNO gecharterte Maschinen, die UNO201 und die UNO 202.


  • Die Schweizer Armee hat 6 Angehörige des Armeeaufklärungsdetachements AAD 10 welche durch Personal des Katastrophenhilfscorps unterstütz werden, nach Kabul entsandt. Diversen Quellen zufolge sind die Angehörigen des AAD 10 unbewaffnet. Die SWISS hat einen Hilfsflug vom 21. August in die Uzbekische Hauptstadt Tashkent wegen der unsicheren Lage offenbar verschoben.                                                                                                                                                                              Aktualisierung 23.08.2021: Um 16.20 Uhr MEZ ist der Charterflug im Auftrag des EDA der SWISS, Registration HB-JNE, mit Hilfsgütern in der uzbekischen Hauptstadt Tashkent gelandet. Auf dem Rückflug werden Personen ausgeflogen, welche zuvor aus der afghanischen Hauptstadt Kabul evakuiert worden sind. Um 23.33 Uhr Lokalzeit hat die SWISS wieder Richtung Zürich abgehoben. Der Flieger wird in Zürich am 24.08.2021 um 01:30 Uhr MEZ erwartet.

Auch zivile Fluggesellschaften stehen im Einsatz

Für die Evakuationsflüge kommen auch zivile Charterfluggesellschaften zum Einsatz:

  • Die rumänische Charter-Fluggesellschaft Star Eastern Airline fliegt mit einem Airbus A320 ab Bahrain nach Kabul um Flüchtlinge zu evakuieren.
  • Von Almaty, Kazachstan herkommend holt die UTAir, registriert auf den Bermuda-Inseln, Flüchtlinge mit einer Boeing 767 (VP-BAG) in Kabul ab.
  • Regelmässig ist ein Flug ab der jordanischen Hauptstadt Amman nach Kabul zu beobachten. Airline unbekannt, eingesetzte Maschine: Boeing 737.


Kabul – der Flughafen

Der Kabul International Airport "Hamid Karzai", benannt nach dem gleichnamigen Staatspräsidenten liegt etwa 15 km ausserhalb des Zentrums der Millionenstadt Kabul. Er wurde 1960 gebaut, 1970 erhielt er das damals modernste Abfertigungsgebäude der Region. 2001 wurde der Flughafen durch US-Streitkräfte bombardiert, 2002 begann der Wiederaufbau, 35 Mio USD wurden in das neue Abfertigungsgebäude investiert.

Der Flughafen verfügt über eine 3511m lange und 45m breite Piste. Unter Piloten gilt der Anflug auf Kabul als eher anspruchsvoll, die Hochebene ist umgeben von Gebirgszügen. 

Die Auflistung ist unvollständig. Nicht alle Flüge können getrackt werden. Insbesondere die Militärmaschinen haben ihre Transponder meist ausgeschaltet. Trotzdem zeigen die Aufzeichnungen und Berichte, dass die westlichen Alliierten mit der logistischen Unterstützung arabischer und zentralasiatischer Ländern die wohl grösste Luftbrücke- und Evakuierungsoperation durchführen.

Nachtrag 29.08.2021:

Seit dem 14. August 2021 sind durch folgende Länder aus Kabul evakuiert worden: (Stand: 23.08.2021)

USA: 82'300 Personen

Grossbritannien: 11'500 Personen

Deutschland: 5'347 Personen

Italien: 4'400 Personen

Australien: 4'000 Personen

Kanada: 3'700 Personen

Pakistan: 3'400 Personen

Frankreich: 2'500 Personen

Polen: 1'300 Personen

Spanien: 1'242 Personen

Schweiz: 285 Personen, 1 Flug ab Tashkent, UZ (Aktion per 27.08.21 abgeschlossen)

Quellen: EDA; Bundeswehr; DER SPIEGEL; USAF; RAF; Flightadar24; eigene Recherchen.

(C) 2021 - Andreas Hess, Männedorf - ProLitteris

Erstellt: 22.08.2021 / Nachtrag 1: 23.08.21 / Nachtrag 2:29.08.21

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Übersicht über die Evakuierungsflüge ab Kabul

30.10.2019: Das Ende von al-Baghdadi

Das Ende von al-Baghdadi

Im Rahmen einer gezielten Kommandoaktion töteten US-Spezialkräfte am 26. Oktober 2019 in Barisha bei Idlib, Syrien den berüchtigten IS-Führer  Abu Bakr al-Baghdadi. SCHWEIZER SOLDAT das Wichtigste zusammen.

Der 48jährige Abu Bakr al-Baghdadi war seit  2010 Anführer des Islamische Staates IS. Im Juni 2014 rief al-Baghdadi das Kalifat aus, welches sich über weite Teile Syriens und des des Irak ausdehnte. al-Baghdadi wurde als IS-Anführer für Verbrechen gegen die Menschilchkeit, ethnsche Säuberungen sowie für grausame Strafen verantwortlich gemacht. Die US-Behörden setzen für die Ergreifung von al-Baghdadi eine Belohnung von 25 Mio. US-Dollar aus.  Mehrmals schon ist der IS-Führer für Tod erklärt worden.

Die Suche nach al-Baghdadi

Ende September 2019:  US- Geheimdienste, seit Jahren auf der Jagd nach al-Baghdadi, erhielten neue Informationen über den möglichen, aktuellen Aufenthaltsort des gefürchteten und berüchtigten IS-Führers.

Mitte Oktober 2019: Der Aufenthaltsort von al-Baghdadi konnte exakt ermittelt werden. Der gesuchte IS-Führer soll sich zusammen mit seiner Familie im Dorf Barisha, in der Nähe von Idlib in Nordostsyrien aufhalten. Das Gelände befindet sich etwas ausserhalb des Dorfes und ist durch eine Umfassungsmauer geschützt. Jetzt galt es, rasch zu handeln. Denn Abu Bakr al-Baghdadi war bekannt dafür, seinen Standort rasch zu wechseln. Ein Wettlauf gegen die Zeit begann.

Der Überraschungsangriff

Washington, Sa, 26.10.19 - 17.00 Uhr US-Lokalzeit: US-Präsident Donald Trump begibt sich zusammen mit hohen Offizieren und Mitarbeitern seines nationalen Sicherheitsstabes in den Situation Room des Weissen Hauses. Er wird die streng geheime Operation "KAYLA MUELLER" von hier aus als Oberbefehlshaber der US-Streitkäfte den Verlauf des Einsatzes  verfolgen. Die Kommandooperation ist nach der amerikanischen Entwicklungshelferin Kayla Mueller benannt, welche in die Fänge des IS geriet, misshandelt wurde und bei einem Bombenangriff auf Rakka ums Leben kam.

Syrien, Sa, 26.10.19 - 23:00 Uhr Lokalzeit: Acht Hubschrauber der Typen CH-47 Chinook, MH-60 Black Hawk und AH64 Apache des 160th Special Operations Aviation Regiment (Airborne) starten von einem temporären US-Militärstützpunkt zu ihrer gefährlichen Mission. Ihr Ziel: Das Haus in Barisha, in der Nähe von Idlib, in welchem sich der IS-Führers al-Baghdadi zusammen mit seiner Familie aufhält. Je nach Quellen sind zwischen 70 und 100 Spezialkräfte der U.S. Special Operation Forces, bekannt als Night Stalkers vor Ort im Einsatz. Im Tiefflug über türkisches und syrisches Gebiet erreichen die Spezialkräfte cirka 70 Minuten nach Abflug ihr Zielort. Sofort wurde das Gelände umstellt und gesichert, Löcher in die Umfassungsmauer gesprengt, die Suche nach al-Baghdadi begann.

Für al-Baghdadi endete die Flucht in einem Tunnel. Durch einen Militärhund in die Enge getrieben zündete al-Baghdadi eine Sprengstoffweste und brachte sich selbst und seine drei Kinder um, der Hund wurde verletzt. Bei der Detonoation der Sprengstoffweste stürzte der Tunnel ein. Noch vor Ort unterzogen Forensiker die Leiche einem DNA-Test und identifizierten sie als al-Baghdadi.

Laut Medienmitteilung des Weisse Hauses blieben die Special Forces noch rund zwei Stunden auf dem Gelände und stellten umfangreiches Material des IS sicher. Während der Kommandoaktion kam es zu Schiessereien mit Anhängern al-Baghdadis. Dabei kamen 10-15 Kämpfer ums Leben. Der letzte Aufenthaltsort al-Bagdhadi wurde durch die Einsatzkräfte gesprengt. Damit soll verhindert werden, dass die Anlage zur Pilgerstätte für IS-Anhänger wird.

Washington, Sonntag, 27. Oktober 19, 02:23 Uhr Lokalzeit: "Something very big has just happend!" vermeldet der Twitteraccount des POTUS, President of the United States nach dem Erfolgreichen Abschluss der Operation "KAYLA MUELLER". Noch weiss niemand genau, auf welches Ereignis sich der Tweet bezog. Washington hielt bis zum Schluss dicht. 

Washington, Sonntag, 27. Oktober 19, 09:20 Uhr Lokalzeit: In der Pressekonferenz im Diplomatic Reception Room des Weissen Hauses gab US-Präsident Donald Trump offiziell den Tod von al-Bagdhadi, dem Gründer und Anführer der rücksichtslosesten und gewalttätigsten Terrorogranisation der Welt bekannt und dankte Russland, der Türkei und Syrien sowie den syrischen Kurden für die Unterstützung der sehr gefährlichen Mission. Dabei erwähnte Trump, dass die Phase des Hin- und Rückfluges aus Barisha eine der gefährlichsten Phasen der Operation war. Es habe die Möglichkeit bestanden, unter massiven Beschuss zu geraten. Bei der Operation musste über durch russische Truppen gehaltenes Gelände geflogen werden. "Russia treated us great" so Trump. "Die Operation war eine Teamarbeit von Amerikas besten Mitarbeitern" sagte Trump an die Adresse der an der Operation "KAYLA MUELLER" beteiligten Einsatzkräfte. /ahe

(C) 2019 Andreas Hess, Männedorf - Erstveröffentlichung in SCHWEIZER SOLDAT 12/19 - ProLitteris

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US-Präsident Donald Trump im Situation Room des Weissen Hauses. (Bild: The White House)
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Die Special Forces bei der Erstürmung des Hauses, in welchem sich al-Baghdadi befunden haben soll. (Bild: US-Verteidigungsministerium)

20.09.2019: Erdölpoker im Mittelmeer

Erdölpoker im Mittelmeer

Andreas Hess

Im Sommer 2019 standen zwei Handelsschiffe im internationalen Fokus. Ein in Gibraltar festgehaltener iranischer Supertanker und ein in der Strasse von Hormuz durch iranische Behörden blockiertes britisches Tankschiff führten zu internationalen Spannungen. Es ging um iranisches Öl, Syrien und Sanktionsumgehungen.

Trotz Embargo und harten Wirtschaftssanktionen gelangt iranisches Oel in das von einem blutigen Bürgerkrieg zerrüttete Syrien. Beide Länder, Iran und Syrien sind unterschiedlich von Sanktionen betroffen. Die Durchsetzung von Sanktionen ist schwierig.

Die Geschichte beginnt bereits im Mai 2019 mit der Rohöl-Beladung des in Panama registrierten Supertankers "Grace 1" in einer iranischen Ölverladestation. Der Oeltanker stach nach der Beladung in den See, passierte die Strasse von Hormus und umrundete Afrika. Für eine Passage durch den Suezkanal ins Mittelmeer war der voll beladene, 330m lange und 58m breite Superanker mit einem Fassungsvermögen von 2,084 Mio Barrel Rohöl, zu schwer. Ziel der Seereise zu diesem Zeitpunkt: noch unklar. Wert der Lieferung: Rund 120 Millionen Dollar, je nach Berechnungsgrundlagen.

Umflaggung

Die Panama Maritime Authority PMA löschte am 29. Mai 2019 die "Grace 1" aus ihrem Schiffsregister mit der Begründung dass das Schiff an der Terrorismusfinanzierung oder mit einer solchen in Verbindung stehen könnte. Dies vor dem Hintergrund, dass die USA mit harten Strafen gegen all jene drohten, welche gegen die Iran-Sanktionen verstossen. Davon betroffen sind auch iranische Frachtschiffe. Diese werden in Seehäfen nicht mehr betankt oder repariert. Versicherungen sollen sich weigern, Policen für iranische Schiffe abzuschliessen. Der Tanker jedenfalls fuhr ab diesem Zeitpunkt unter iranischer Flagge.

Kommandoaktion

Am 4. Juli 2019 setzten in einer gemeinsamen Kommandoaktion der Royal Navy, der Polizei und des Zolls des britischen Überseegebietes Gibraltar den nun unter der iranischer Flagge fahrenden Supertanker "GRACE 1" vor dem Hafen Gibraltar fest. Der indische Kapitän und weitere Besatzungsmitglieder wurden verhaftet. Laut US-Behörden war das Rohöl für das syrische Regime bestimmt gewesen. Die Lieferung würde auch gegen EU-Sanktionen verstossen, welche 2011 gegen Syrien verhängt worden sind. Die iranische Regierung reagierte umgehend und verurteilte die Festsetzung als einen „Akt der Piraterie“. Die diplomatischen Spannungen zwischen Grossbritannien und Iran verschärften sich.

Fehlende Rechtsgrundlage

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hielt am 2. August 2019 in einem Gutachten fest, dass sich für die Festsetzung der GRACE 1 nach "gegenwärtigem Kenntnisstand keine Rechtsgrundlage im Seevölkerrecht findet".

Nur schwer zu überprüfen ist der Umstand, dass die GRACE 1 die internationale Fahrstrasse von Gibraltar angeblich freiwillig verlassen und Kurs auf britisches Hoheitsgebiet aufgenommen haben soll. Damit rechtfertigten die britischen Behörden die Beschlagnahmung des Tankers.

Iran blockiert britisches Schiff

Am 19. Juli 2019 forderten iranische Revolutionsgarden das unter britischer Flagge fahrende Tankschiff Stena Impero auf, den iranischen Hafen Bandar Abbas anzusteuern. Dies mit der Begründung, dass die Stena Impero ein iranisches Boot gerammt und Vorschriften des Seerechts missachtet haben soll. Kriegsschiffe der im persischen Golf kreuzenden Royal Navy wiesen per Funk die Besatzung der Stena Impero an, der iranischen Aufforderung keine Folge zu leisten. Die iranische Revolutionsgarden setzten ein bewaffnetes Kommando auf dem Tankschiff ab, welches über die Stena Impero die Kontrolle übernahm. Sie zwangen die Besatzung zur Kursänderung in iranische Gewässer. Vor dem Hafen Bandar Abbas wurden Schiff und Besatzung festgesetzt. Die diplomatischen Spannungen um die beiden festgesetzten Tanker stiegen weiter an. Nach 65 Tagen Untersuchungen des Vorfalls gaben die iranischen Behörden die Stena Impero wieder frei. 

Tanker darf auslaufen

Nachdem der Iran glaubhaft versichert hatte, dass das auf der GRACE 1 geladene Rohöl nicht für Syrien bestimmt ist, hoben die Behörden Gibraltars am 15. August 2019 die Beschlagnahmung des Tankers auf. Mit Verweis auf EU-Recht wurde dem gerichtlichen US-amerikanischen Begehren zur Beschlagnahmung des Tankers nicht stattgegeben. Am 18. August 2019 nahm der Tanker unter dem neuen Namen "Adrian Darya 1" Fahrt Richtung östliches Mittelmeer auf.

Täuschungsmanöver?

Gemäss dem auf der Internet-Plattform Marine Traffic.com abrufbaren AIS-Signal, dem Automatischen Identifikationssystem,  wurde zunächst Kalamata, Griechenland als Zielhafen angegeben. Die USA drohten den Mittelmeeranrainerstaaten mit Sanktionen und Massnahmen, falls sie den Tanker in ihre Häfen einlaufen, entladen oder betanken liessen. Griechenland verweigerte dem Tanker das Anlegen in griechischen Häfen.

Am 24. August 2019 wurde der türkische Hafen Mersin als neues Ziel für den Supertanker genannt.  Die Adrian Darya 1 passierte an diesem Tag die sizilianische Küste mit 8,1 Knoten/h. Am 29. August, der Tanker befand sich zwischen Zypern und der türkischen Küste, änderte der Tanker den Kurs um 180 Grad und fuhr wieder westwärts. Am 30. August änderte der Kurs abermals, der Tanker fuhr wieder in östlicher Richtung. Der Status wurde nun als "On order" angezeigt, was bedeutet, dass der Zielhafen noch nicht bekannt ist. Ein im teilweise undurchsichtig operierenden Erdölhandel nicht unübliches Vorgehen.

Transponder ausgeschaltet

Gerüchte über das Anlaufen eines syrischen Hafens kamen erneut auf. In der Folge kreuzte die Adrian Darya 1 vor der syrischen Küste, zwischen Tripolis und Latakia. Seit dem 9. September ist kein AIS-Signal mehr verfügbar, der Transponder des Tankers ist abgeschaltet. Die letzte gesendete Position im östlichen Mittelmeer ist N34.41“26.9/E34.55’22.04.

Dass die US-Behörden alles daran setzen, dass das iranische Öl nicht verkauft oder nach Syrien gelangt, zeigt die Tatsache, dass das US-Aussenministerium dem indischen Kapitän Akhilesh Kumar per Mail mehrere Millionen Dollar angeboten haben, damit er mit dem Tanker einen Hafen ansteuert, in welchem das Öl und der Tanker beschlagnahmt werden kann.

Ortung mit Satellitenaufnahmen

Der Branchendienst "Tanker Tracker" vermeldete am 9.September, dass die "Adrian Darya 1"  mittels Satellitenaufnahmen vor dem Hafen Tartus lokalisiert wurde.

Per Twitter-Nachricht vermeldete am 9. Oktober der amerikanische Aussenminister Mike Pompeo, dass die USA über Satellitenaufnahmen verfügen, welche den Tanker vor dem syrischen Hafen Baniyas  liegend zeigen. Offenbar wird das Öl auf den wesentlich kleineren Tanker "Jasmin" umgeladen. Dieses Schiff, ebenfalls unter iranischer Flagge fahrend, ist auf Grund seiner Grösse in der Lage, den Hafen Baniyas anzulaufen und das Öl zu entladen. In Baniyas steht auch eine grosse Ölraffinerie. Das syrische Regime gelangt trotz Sanktionen an dringend benötigtes Oel. Iran kann sein Erdöl gegen Devisen absetzen.

Strategische Bedeutung

Die Umsetzung von Sanktionen oder die Verhinderung von Öllieferungen macht deutlich, dass bei dieser hohen Dichte an Schiffen auf den Weltmeeren nur punktuell gelingt. Aus europäischer Sicht sind für die Ölversorgung und für den gesamten Schiffsverkehr die strategischen Schlüsselstellen die Strasse von Gibraltar, der Suezkanal und der persischer Golf von zentraler Bedeutung. Der Mittelmeerraum ist nach wie vor ein nicht zu unterschätzender Brennpunkt im vielschichtigen Nahost-Konflikt mit Staaten und Grossmächten welche ihre unterschiedlichsten geopolitischen und hegemonialen Interessen wahrnehmen und durchsetzten.

Veröffentlicht in SCHWEIZER SOLDAT, 12/2019

(c) Andreas Hess, Männedorf, Rechte durch ProLitteris.

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Die Route der Aryana Darya im östlichen Mittelmeer nach der Freigabe durch Gibraltar. Grafik: A.Hess, gemäss Quellen. maps.google.com

16.06.2017: Auf Grenzpatrouille in der Finnmark

        Auf Grenzpatrouille in der Finnmark

Andreas Hess, Männedorf

Norwegen und Russland haben in der Finnmark eine 196 km lange gemeinsame Landesgrenze. Auf norwegischer Seite überwachen Wehrpflichtige der norwegischen Streitkräfte die Schengen- Aussengrenze zum grossen Nachbarn.

Kirkenes NO, 16.06.2017 - Auf der Svanvik Grensestasjon, 1’380 Kilometer nordöstlich von Oslo und etwas 35 Kilometer südlich von Kirkenes, nahe an der norwegisch-russischen Grenze gelegen, ist soeben Alarm ausgelöst worden. Hier ist die PASVIK- Kompanie stationiert, ein Wehrpflichtigenverband der norwegischen Streitkräfte, welcher für die Grenzsicherung im Südabschnitt zuständig ist. Gruppenführer Soldat Jørgensen und seine Gruppe laufen vom Bereitschaftszimmer der Kaserne zur Materialkammer und nehmen ihre persönliche Ausrüstung aus dem abschliessbaren Gitterschrank. Der Rucksack ist marschbereit gepackt, das Sturmgewehr steht griffbereit daneben.  Es eilt.

Verdächtige Person gesichtet

Von einem Observationspunkt des norwegischen Grenzschutzbataillons, der „Garnisonen i Sør-Varanger GSV“ ist per Funk die Meldung eingegangen, dass in einem Abschnitt ein unerlaubter Grenzübertritt durch eine unbekannte Person stattgefunden haben soll. Gruppenführer Jørgensen erhält die Koordinaten übermittelt und sucht auf seiner Karte den schnellsten Weg dorthin.Soldat Silja Svenson spurtet derweil zum Hundezwinger und holt den vierjährigen Schäferhund Coda zum Einsatz ab. Die Soldaten Kjevik, Hansen und Stavdahl stossen dazu, die Gruppe ist komplett. Gruppenführer Jørgensen orientiert seine vier Kameraden über die eingegangene Meldung, das Gelände und das Vorgehen vor Ort. Die vermutete Person soll sich in einem unwegsamen Birkenwald mit sumpfigem Boden aufhalten. Das Material wird auf einen PUCH-Geländepersonenwagen verladen, die  Gruppe verschiebt sich rasch zum Einsatzort. Innert 15 Minuten ab Alarmauslösung muss die Gruppe abfahrtsbereit sein. Kompaniechef Major Hans Pettar Gretson beobachtet das Vorgehen der Einsatzgruppe.

Aufgabenteilung

Derweil der Einsatz an der Grenze läuft geht es am nrowegisch-russischen Grenzübergang Storskog an der Hauptstrasse E109 nach Murmask etwas ruhiger zu und her. Hier hat der Chief Border Comissioner Oberst Roger Jacobsen sein Büro. Oberst Jacobsen ist Offizier der norwegischen Streitkräfte. Für die Dauer der Funktion des Chief Border Comissioner ist er dem Justizministerium unterstellt. Zusammen mit seinem Stellvertreter und vier Commissioners ist er für die Behördenkoordination der norwegischen Grenzschutzaufgaben an der norwegisch-russischen Grenze zuständig. Die Aufgaben an der nördlichsten Schengen-Aussengrenze sind klar aufgeteilt. Für  die Kriminalitäts- und Schmuggelbekämpfung, die Personen-und Fahrzeugfahndung sowie die Grenzkontrolle ist die norwegische Polizei zuständig, für die Grenzsicherung die norwegischen Streitkräfte.

Im täglichen Dialog

Eine der wichtigsten Aufgabe der Border Comission ist der Kontakt zu den russischen Grenzschutzorganen des FSB.  Die Border Comission wacht zusammen mit seinen russischen Ansprechpartnern über die Einhaltung der auf verschiedenen behördlichen Stufen zwischen Norwegen und Russland getroffenen Vereinbarungen, Verträge und Übereinkünfte betreffend dem Regime an der gemeinsamen Grenze. „Wir stehen im täglichen Dialog mit den russischen Behörden“, sagt Oberst Jacobsen. Das wichtigste ist der Dialog und das Vertrauen zum Partner. „Ohne gegenseitiges Vertrauen geht hier oben gar nichts “, sagte er weiter. Mit Blick auf die internationale Politik meinte er, dass die Probleme in diesem Abschnitt gemeinsam besprochen und gelöst werden. Ab und zu werden auch gemeinsame Grenzpatrouillen oder Vermessungen an den Grenzmarkierungen durchgeführt.

Grenzverlauf

Wie Oberst Jakobsen mit Blick auf die Geschichte erklärt, ist der Grenzverlauf erst 1826 staatsvertraglich festgelegt worden. 1947 wurde der Grenzverlauf durch beide Länder verifiziert, für 2017 – 2018 sind erneute Verifizierungen vorgesehen. Die Grenze verläuft zu dreiviertel in Gewässern. Sichtbar ist der Grenzverlauf anhand der 396 gelb-schwarzen Grenzmarkierungen auf norwegischer Seite und den grün-roten Grenzmarkierungen auf russischer Seite. In den Gewässern ist der Grenzverlauf unterschiedlich geregelt. Entweder verläuft die Grenze in der Mitte des Gewässers oder an der jeweils tiefsten Stelle. Jeder Meter Grenzverlauf ist zwischen Norwegen und Russland im Detail geregelt. Da sich die tiefste Stelle je nach Wasserstand und Laune der Natur verschiebt, verändert sich auch der Grenzverlauf. Es gibt Stellen, wo die norwegischen Grenzpatrouillen mit ihren Motorschlauchboten auf russischem Hoheitsgebiet des Gewässers unterwegs sind.

Die Garnison Sør-Varanger

Major Gretland erklärt die Aufgaben der nordöstlichsten norwegischen Garnison: Die norwegischen Streitkräfte, die Forsvaret sind für die Sicherstellung der staatlichen Souveränität und die permanente Überwachung und Sicherung der norwegischen Landesgrenze zu Russland zuständig. Die 600 Mann starke Garnison Sør-Varanger GSV ist in vier teilweise dezentral stationierte Kompanien und dem Stab gegliedert. Sie haben in ihrem Grenzabschnitt für die Erstintervention Polizeibefugnisse, müssen aber unmittelbar nach erfolgter Intervention die festgehaltene Person der Polizei übergeben.

Winterdienst

Der Winterdienst in dieser unwirtlichen Gegend ist sehr hart. „Unsere Leute sind zwischen 14 und 21 Tagen auf den Observationsposten stationiert“, sagt PASVIK- Kompaniechef Major Gretland. Eisige Temperaturen bis minus 20 Grad, die langen nordischen Nächte, die Abgeschiedenheit der Observationsposten und das Zusammensein in Gruppen von bis zu 8 Soldaten rund um die Uhr fordert von den Wehrpflichtigen sehr viel ab.

Um die hohen Anforderungen zu erfüllen wird ein strenges Selektionsverfahren durchgeführt. „Der Dienst in der Garnison Sør-Varanger GSV ist unter den jungen Wehrpflichtigen begehrt“, sagt Major Gretland. Das Grenzschutzbataillon habe das Glück, die Besten zu rekrutieren. Dies wiederspiegelt sich auch im Auftritt, in der Haltung und Motivation der jungen Soldaten. Die 19- bis 21jährigen Wehrpflichtigen Frauen und Männer sind sich ihrer Verantwortung sehr bewusst.  Sie wissen selber klar was sie wollen und sind für ihre wichtige Aufgabe für das Königreich Norwegen hochmotiviert. Als junge Bürgerinnen und Bürger  ihres Landes erhalten Sie vom Staat das Vertrauen zur Sicherung der Grenze. Nach erfolgter sechsmonatiger  Grundausbildung kommen die jungen Soldatinnen und Soldaten zu uns. „Während drei Wochen, beim der Ablösung des alten zum neuen Kontingent, haben wir Doppelbesetzung“, erklärt Major Gretland.

Observationsposten

Major Gretland führt uns zu einem der sieben Observationsposten entlang der Grenze. Hier, etwa 25 Meter hoch über den Baumwipfeln, beobachtet ein Soldat das Gelände. Der erste Eindruck sind nichts als Bäume und Gewässer, soweit das Auge reicht. Am Horizont Berge, etwas weiter entfernt gut sichtbar die ununterbrochene schwarze Rauchwolke des russischen Industriewerkes Nikel. Auf dem Observationsturm leisten 8 Mann Dienst. Vier Mann sind in der Anlage, 4 Mann auf Patrouille.

Die Anlage ist unter anderem mit einem starken, fix montierten Fernrohr, Ferngläser, Funk und weiteren elektronischen und optischen Aufklärungsmitteln ausgerüstet. Weiter gehören die Unterkunft mit Küche, Schlaf- und Gemeinschaftsraum sowie umfangreiche Verpflegungsreserven zur Anlage. Besonders im Winter, wo die Soldaten mit Skiern unterwegs sind und logistisch nur mit Haglunds-Raupenfahrzeugen versorgt werden, sind ausreichende Vorräte überlebenswichtig. „Schnell“ etwas vergessenes zu holen geht an dieser verlassenen Ecke der Welt nicht.

Verirrte Touristen

Illegale Grenzübertitte von Russland nach Norwegen kommen praktisch nicht vor. Dies hängt mit den strengen russischen Kontrollen und Anlagen weit vor der eigentlichen Landesgrenze zusammen, wie Major Gretland erklärt. Russland sichert seine Grenzen bereits im Hinterland mit einem effizienten System aus  Grenzstreifen, Wachttürmen, Zäunen, Sperrgebiete und Zugangsberechtigungen. Ohne Pass, Visa oder Passierschein hält sich niemand im russischen Grenzraum auf. Auf der E 109, der Strasse von Storskog nach Murmansk ist es ausländischen Verkehrsteilnehmern nicht erlaubt, anhalten. „Meist haben wir es auf norwegischer Seite mit verirrten Touristen zu tun oder solchen, welche Selfies mit russischen Grenzmarkierungen machen wollen“ sagt Major Gretland.

Person aufgegriffen

Mittlerweile hat die motorisierte Patrouille eine Person im Birkenwald aufgegriffen. Die weibliche Person macht einen unsicheren, fast verängstigten Eindruck. Laut fordern die Soldaten der PASVIK- Kompanie die Person auf, die Hände zu erheben und sich langsam hinzulegen. Hundeführerin Svenson beobachtet mit Schutzhund Coda an der Leine  die Situation aus Distanz. Sie halten sich bereit, notfalls sofort einzugreifen zu können. Nachdem sich die Person wie gefordert langsam hingelegt hat, wird sich durch die Soldaten Hansen und Kjevik mit Handschellen arretiert. Gruppenführer Soldat Jørgensen meldet über Funk den erfolgten Aufgriff der Person.  Das Funkgerät schnarrt, Soldat Jørgensen erhält Entwarnung: Die angeordnete Alarmübung ist beendet. /ahe

(C) 2017 - Andreas Hess, Männedorf - Erstpublikation in SCHWEIZER SOLDAT 02/18. /ProLitteris

Die Reportage ist im Rahmen der European Military Press Association EMPA Journalist Tour 2017 nach Kirkenes entstanden. Organisiert wurde die Tour durch Erling Eikli, Tor Eigil Stordal, Paal Ravnas (Forsvarets Forum) und Jean-Paul Gudit./ahe




Historisches

1943: Als ein polnischer Stab nach Meilen kam

1943: Als ein polnischer Stab nach Meilen kam

Vor 75 Jahren, während des Zweiten Weltkrieges, wurde der Stab der internierten 2. polnischen Schützendivision in Meilen einquartiert. Mit einer Ausstellung im Baukeller und dem offiziellen Anlass «75 Jahre Offizierslager Meilen» wird vom 19. bis 21. Oktober an das Ereignis erinnert.
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General Prugar-Ketling (3.v.l.) bespricht sich in Meilen mit seinen Offizieren. (Bild: Zbigniew Prugar-Ketling, Warschau)

Dramatisches spielte sich 1940 an der Schweizer Grenze zu Frankreich ab. In der Nacht vom 19. auf den 20. Juni 1940 überschritten 13’000 Angehörige der 2.polnischen Schützendivision bei Goumois den Doubs und wurden in unserem Land entwaffnet und interniert. 

Die polnischen Internierungslager waren über das ganze Land verteilt,  der Divisionsstab war zunächst in Huttwil untergebracht. Am 15. Oktober 1943 bezog Brigadegeneral Bronislaw Prugar-Ketling zusammen mit rund 50 Stabsoffizieren das sogenannte «Offizierslager Meilen». 

Ein General im «Hirschen»

Die internierten polnischen Offiziere waren in verschiedenen privaten Quartieren in Meilen untergebracht. General Prugar-Ketling wurde ein Zimmer im Hotel Hirschen zugewiesen. Im Gasthof zum Löwen und im Restaurant Sternen wurde der Stab durch die eigene Küchenmannschaft verpflegt. Im ehemaligen Restaurant Blumental befand sich das Stabsbüro, für welches der Gemeinderat laut Sitzungsprotokoll vom 9.11.1943 den Einbau einer Heizungseinrichtung in der Höhe von Fr. 297.50 bewilligte. Schweizer Kommandant war Oberstleutnant Dr. med. Hans Frey aus Meilen.  

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General Prugar-Ketling bei einem Essen in Meilen. An der Wand hängt ein Bild der Kirche von Meilen. (Bild: Zbigniew Prugar-Ketling, Warschau)

Die Leistungen des polnischen Stabes

Dem Divisionsstab waren alle polnischen Arbeits-, Schul- und Hochschullager in der Schweiz unterstellt. In den Hochschullagern wurden Akademiker in den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen ausgebildet, die jüngsten konnten in Schullagern ihre Abschlüsse nachholen. 

Die Arbeitsleistung der internierten polnischen Soldaten in den Arbeitslagern war enorm: bis Kriegsende am 8. Mai 1945 wurden beispielsweise rund 230 Kilometer neue Strassen erbaut, über 60 Hektar Landwirtschaftsland meloriert oder 1'350 Hektar Waldfläche bewirtschaftet. Im Bergbau wurden fast 10’000 Tonnen Steinkohle abgebaut und 70'000 Tonnen Eisenerz gefördert.

Dank der Internierten für den Aufenthalt

General Prugar-Ketling bedankte sich bei den Meilener Behörden mit einem persönlichen Schreiben und einer Plakette für den Aufenthalt. Heute ist die Plakette im Ortsmuseum zu sehen. Erhalten ist auch ein persönlicher Dank an den Meilener Zahnarzt Dr. med. dent. Paul Walter für die gute zahnärztliche Betreuung. General Bronislaw Prugar-Ketling verliess die Schweiz im Dezember 1945 und kehrte mit guten Erinnerungen an Meilen nach Polen zurück. 

Erinnerungsanlass im Baukeller 

Vom 19. bis 21. Oktober 2019 fand im Baukeller an der Kirchgasse 9 die Ausstellung «Auf Polenwegen durch die Schweiz» gezeigt, organisiert durch die IG der Nachkommen internierter Polen in der Schweiz zusammen mit der Offiziersgesellschaft Zürichsee rechtes Ufer. Die Ausstellung zeigt eindrücklich die grosse Arbeitsleistung der internierten polnischen Soldaten in der Schweiz zu Gunsten unseres Landes sowie Exponate der Internierung in Meilen. 

An der Vernissage vom 19. Oktober sprach der Meilemer Militärhistoriker Dr. Hans Rudolf Fuhrer zum Thema.

Baukeller, Kirchgasse 9: Ausstellung «75 Jahre polnisches Offizierslager Meilen». Vernissage Freitag, 19. Oktober, 19.00 Uhr. Öffnungszeiten: 20. Oktober, 10.00 bis 17.00 Uhr, 21. Oktober, 12.00 bis 17.00 Uhr. 

(C) 2018: Andreas Hess, Männedorf - (ProLitteris)

Quelle: Heimatbuch Meilen, 1986

Bilder: Zbigniew Prugar-Ketling, Warschau zVg, Andreas Hess, Männedorf.


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Duplikat der Fahne der 2. Schützendivision 2 DSP, wie sie beim Grenzübertritt in die Schweiz gerettet worden ist.

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